Gedanken über Geld und die Welt

Wer kann schon von sich behaupten, das in unserer Welt vorherrschende Wirtschafts- geschweige denn das Finanzsystem sonderlich durchdringend zu begreifen. (Ist es etwa gewollt so aufgebaut, dass niemand es kapiert? Jeder zweite Österreicher weiß nicht was Zinsen sind – habe ich kürzlich irgendwo aufgeschnappt.) Jedenfalls kann ich aber sagen, was ich daran nicht verstehe, beispielsweise nämlich den allgemeinen Gebrauch der Begriffe „Fortschritt“ und „Entwicklung“. Wieso werden die so genannten Industriestaaten immerzu als „fortschrittlich“ (pays avancés) bezeichnet. Ob ein Land fortschrittlich ist oder nicht, wird am Wirtschaftswachstum gemessen: Wer am meisten produziert, ist am „fortschrittlichsten“ und, wer wenig produziert, ist „unterentwickelt“. Die „Entwicklungsländer“ müssen sich erst noch „ent-wickeln“ – Was heißt das? Erst wenn alle Urwälder abgeholzt, alle fruchtbaren Böden vergiftet und die Meere leergefischt sind, wenn auch in den letzten einheimischen Stämmen eine der Weltsprachen und eine der Weltreligionen dominiert, wenn auch dort Geld über alles regiert, der Konsum nutzloser Gegenstände zum Volkssport geworden ist und keiner mehr einer Arbeit nachgeht, deren Sinn ihm ersichtlich wäre - erst dann dürfen sich diese Länder auch als „fortschrittlich“ bezeichnen.
Wem nutzt dieses ziellose Wettrennen nach dem dicksten Portemonnaie? Ganz klar, nur jenen, die sich durch den Verkauf nutzloser Dinge ein goldenes Popöchen verdienen. Doch auch diese Menschen, was bleibt ihnen denn außer dem vielen Geld? Das höchste Gut, was uns Menschen vergönnt ist – Glück - ist absolut nicht käuflich. Das größte Glück entsteht durch Liebe und die höchste Form der Liebe ist die Liebe zu allem Seienden und diese lässt sich nunmal nicht mit Habgier und Egoismus vereinen. Ein Mensch kann kein wahres Glück empfinden, wenn er keine wahre Liebe für sich selbst und damit für alle Menschen, alle Tiere und alle Pflanzen in sich trägt.
Wann werden die Menschen das verstehen? Viele Menschen halten sich heutzutage für ach so fortschrittlich und aufgeklärt – Ich kann das absolut nicht nachempfinden. Ich empfinde die Welt, in der ich lebe, als furchtbar grausam, grausam heuschlerisch. Viele Menschen leben eine Maske ihrer selbst. Weil wir den „wirklich bösen“ Menschen in der Regel nur in den Nachrichten begegenen, bilden wir uns ein, mit uns und unserem Leben sei ja alles gut, weil wir niemandem – wie es uns scheint – direktes Leid antun. So ist doch das eigentlich Grausame die allgemeine Passivität und Gleichgültigkeit. („If you are neutral in a situation of injustice, you have chosen the side of the oppressor.“) Wie kann es sein, dass eigentlich liebende Menschen die Augen vor all dem verschließen und die Hände in den Schoss legen? Das Gefühl, nicht zu wissen, wie man etwas ändern kann und das der Ohnmacht kennt wohl jeder – aber wie kann es sein, dass die Menschen sich nicht auflehnen und sich wie Marionnetten manipulieren lassen? Beispiel: Nachdem alles Potenzial aus dem Produkt Kaffeemaschine erschöpft wurde, gibt es nun: die Teemaschine! Es wird dem ernsthaft Menschen suggeriert, er sei geistig zu unterbemittelt, um sich selbst vernünftigen Tee zuzubereiten – eine Teemaschine muss her! Wird die Menschheit diesen Schwachsinn mitmachen und in 20 Jahren sieht man nirgendwo mehr herkömmliche Teesiebe? (Mal ganz abgesehen davon, dass das Kaffeemarketing an sich ja schon ein Thema für sich ist, was man als legale Verleitung zum Drogenkonsum bezeichnen könnte). Gib dem Menschen, die Illusion, er sei frei (Er kann sich kaufen, was er will!) und er begibt sich (mehr oder minder) freien Willens in ein sklavereiähnliches Abhängigkeitsverhältnis - und merkt es nicht, solange er nur weiter Dinge kaufen kann, so dass die Reichen noch reicher und die Welt noch vermüllter wird.
Es geht weiter. Es sind nicht nur die grossen Wirtschaftskonzerne, die miteinander konkurrieren und uns arme Bürger mit ihren Kaufanreizen an der Nase herumführen. Zwischenmenschlichen Beziehungen bleiben von der Wettbewerbsstimmung nicht verschont. Jeder will der Beste, Schönste, Intelligenteste. Mächtigste sein. Willst du heutzutage auf dem Arbeitsmarkt etwas werden, musst du dich „verkaufen“ können. „Was sind Ihre Stärken und Schwächen, in drei Minuten, zack zack zack“. Lückenloser Lebenslauf – bloß nicht zwischendurch mal nachgedacht haben. Bachelor und Master fertigen kleine Roboter, perfekt auf den Arbeitsmarkt zugeschnitten, kein eigenständiges Denken erlernt. Soziale Netzwerke wandeln sich zu Business-Plattformen. „Pflegen Sie Ihre Kontakt sorgfältig, jeder Einzelne könnte Ihnen eines Tages nützlich sein.“
Von dieser Atmosphäre angewidert, entwickelt die Menschen eine Hassliebe zu ihrer Arbeit. In ihrer Freizeit brauchen sie einen „Ausgleich“ von der Sinnlosigkeit, die ihnen acht Stunden lang aus dem PC-Bildschirm entgegenstrahlt. Für die meisten besteht dieser in mehr oder weniger stark ausgeprägtem Konsum eigentlich unbenötigter Dinge. Man will sich „etwas Gutes tun“. Die ohnehin schon ironisch gemeinte Redensart „Man gönnt sich ja sonst nichts“ hat sich in den zynischen Spruch „Man gönnt sich ja sonst auch alles“ verwandelt. Schnell ist man also auf eine gutbezahlte Arbeitsstelle angewiesen, um den Lebenstandard und das gesellschaftliche Ansehen aufrechtzuerhalten.

Der Mensch denkt nur an sich – so war es und so wird es bleiben, nur mit dem Unterschied, dass der Mensch irgendwann einsehen wird, dass er von der restlichen Welt nicht zu trennen ist und mit ihr ein Ganzes bildet. Zerstört er die Welt, zerstört er sich selbst.

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